Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 4895 vom 30.03.2007, Kategorie Kolumne

Anand siegte in Morelia-Linares

Das Super-GM-Turnier in Linares wird seit letztem Jahr in einem neuen Modus ausgetragen. Die erste Hälfte wird in Morelia (Mexiko) gespielt, die zweite folgt in Linares (Spanien).

Zwei der Akteure profitierten diesmal am effizientesten von den Fehlern der Gegner und übernahmen die Führung: Anand und überraschenderweise Jungstar Carlsen. In der zweiten Halbzeit landete der "Tiger aus Madras" einen Glanzsieg gegen seinen jungen Verfolger.

Endstand nach 14 Runden:
1.Anand 8,5 Punkte,
2.Morozevich 7,5,
3.Carlsen 7,5,
4. Aronian 7,
5. Svidler 7,
6. Ivanchuk 6,5,
7. Topalov 6,
8. Leko 6.

Morozevich (2741) - Aronian (2744)

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.Sc3 Lb4 5.cxd5 exd5 6.Lg5 Sbd7 7.e3 c5 8.Le2 Da5 9.0-0 0-0 9...Lxc3 10.bxc3 Dxc3 11.Tc1 Da5 12.dxc5 wäre natürlich nicht erstrebenswert für Schwarz.

10.Sd2N Neuer Zug.

10...Lxc3 11.bxc3 11.Sb3 Da4 12.bxc3 Se4

11...Dxc3 12.Tc1 Da3 13.dxc5 Dxa2 Erzwungen - sonst deckt Weiß den Bauern bei überlegener Stellung. mit Dc2 oder Db3.

14.Lf4 Der Läufer steht besser auf der Diagonale h2-b8.

14...Te8 15.Sf3 Auf 15.Sb3 muss Weiß mit 15...Da4 rechnen.

15...Se4 16.Lb5 a6! Wichtiger Zwischenzug.

17.La4 Sexc5! Schöne kleine Kombination!

18.Txc5 Sxc5 19.Lxe8 Le6 Schwarz gewinnt die Figur zurück!

20.Le5! Vielleicht die stärkste Antwort.

20...Txe8 21.Lxg7 Kxg7 22.Dd4+ Kg8 23.Dxc5 Dc4 Die Stellung ist höchst kompliziert. Was ist entscheidender - die zwei schwarzen verbundenen Freibauern oder der weiße Angriff?

24.Dd6 Tc8 25.h3 Ohne "Luftloch" geht nichts.

25...Dc7 26.Db4 a5 27.Dh4 Dc2 28.Sd4 De4 29.De7 b6 30.Kh2 Morozevich bleibt konsequent und vertraut seinem Gefühl, statt mit 30.Db7 auf Materialgewinn zu spielen und dabei Zeit zu verlieren.

30...Lf5 Diese Umgruppierung kommt nur dem Weißen entgegen.

31.Df6 Lg6 32.f4! Morozevich aktiviert den f-Bauern und den Turm über f3 für den Angriff! 32.Dxb6? ist nur etwas für Materialisten!

32...Dxe3 Kaltblütig!

33.Tf3 Dc1 34.Tg3 34.f5 könnte ebenfalls zielführend sein.

34...Da1 35.f5 Tc1 Die Spannung steigt: beide Seiten greifen mit knapper Zeit an!

36.Te3 Th1+ 37.Kg3 Te1 38.Tf3 Schade! Mit wenigen Sekunden auf der Uhr versäumte Morozevich die erste wunderschöne Möglichkeit: 38.Dd8+ Kg7 39.f6+ Kh6 40.Kh4 Dxd4+ 41.g4 Db4 42.Df8+! Dxf8 43.g5 matt

Diagramm

Diesmal ausnahmsweise das Diagramm einer Nebenvariante.

38...Tf1 39.fxg6? Es ging noch einmal: 39.Dd8+! Kg7 40.f6+ Kh6 41.Kh4 Dxd4+ 42.g4 Db4 43.Df8+ Dxf8 44.g5 matt. Wo ist der Unterschied zwischen Pragmatikern wie Karpov oder Kramnik und einem Romantiker wie Morozevich? Die ersten beiden hätten sehr wahrscheinlich in so einer Situation die Züge wiederholt: 39.Te3 Te1 (39...Da4 40.Dd8+ Kg7 41.Dxd5) 40.Tf3 Tf1 und nun, wo die Zeitkontrolle vorbei ist, hätten sie in Ruhe die Mattvariante gefunden!

39...Txf3+ 40.Dxf3 De1+ 41.Kf4? Wie so oft, gleich nachdem man den Gewinn verpasst hat, werden die Ungenauigkeiten fortgesetzt. Mit 41.Kg4 hxg6 42.Dxd5 hätte Weiß immer noch Gewinnchancen.

41...hxg6 42.Dxd5 Offensichtlich verfügte Morozevich über zu wenig Kraft und Nerven, um mit 42.g4 weiter auf Sieg zu spielen.

42...Df2+ 43.Sf3 und bevor es zu 43....Dg2 kam einigten sich die Gegner auf Remis.

GM Ilia Balinov / Heinz Herzog

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